Einzigartige Plattform für das Internet der Dinge

Mit einer neuen Open-Source Plattform für das „Internet der Dinge“ (IoT) organisiert das Magdeburger Start-up „Infinite Devices“ die Steuerung und Kommunikation von IoT-Geräten. Es ist die erste Cloud-native, skalierbare IoT-Plattform, die den europäischen Datenschutzvorschriften (DSGVO) entspricht. Die Gründer denken grenzenlos, wollen innovative Köpfe nach Sachsen-Anhalt holen und einen Digital-Campus aufbauen.
Der Weg führt in eine ehemalige Schule, wo Licht großzügig in Räume fließt und viele Bildschirme stehen. Junge Männer und Frauen sitzen davor, treffen sich in einer gemütlichen Küche, holen Kaffee, plaudern kurz – auf Englisch oder Deutsch. Dieses Umfeld und die Atmosphäre entsprechen den herkömmlichen Vorstellungen eines modernen Start-ups, „das irgendwas mit IT macht“. Im Grunde ist das richtig – nur, dass bei „Infinite Devices“ viel größer und moderner gedacht wird, als man auf den ersten Blick vermutet.
Im Februar 2020 haben vier Gründer das Start-up in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt Magdeburg aus der Taufe gehoben.
Ihr Ziel: die Entwicklung, Einführung, Vermarktung und der Vertrieb der IoT-Plattform „infinimesh“. Was die wohl kann und was sie hier eigentlich machen, diese Fragen hört Geschäftsführer Bruno Kramm seitdem häufig. Für die Antworten beginnt er immer beim IoT – dem „Internet der Dinge“. Er spricht davon, dass dort „smarte“ Alltagsgegenstände miteinander vernetzt sind und über ihre Chips, Sensoren, Datenspeicher oder Software-Systeme Daten mit anderen Objekten austauschen. Und er erklärt, dass damit in der Industrie Maschinensteuerungen um intelligente Funktionen erweitert werden. „In Kombination mit Künstlicher Intelligenz und Blockchain entsteht ein riesiger Mehrwert“, sagt Kramm. Wer in diese Einführung eingetaucht ist, kann erahnen, womit sich das neue Unternehmen im alten Backsteinbau beschäftigt. Die Plattform dient der Kommunikation zwischen Geräten und der Steuerung komplexer Vorgänge, wie sie zum Beispiel auch Voraussetzung für das autonome Fahren ist.
„Gerade die Coronakrise führt uns vor Augen, wie wenig Digitalisierung und Automatisierung bisher in der Fläche Deutschlands stattgefunden haben. Mit ‚infinimesh‘ und IoT made in Germany werden wir für Mittelstand, Industrie, Bauernhöfe und Städte unseren Beitrag zur produktiven und nachhaltigen Vernetzung der alltäglichen Dinge leisten und einen Mehrwert generieren“, so Kramm.
Unternehmen, Kommunen, Institutionen würden sich bei der Magdeburger Firma melden, um genauer zu erfahren, wie sie Messwerte konzentriert, weiterverarbeitet und aufbereitet. „Es ist abzusehen, dass der Datenumfang in diesem Bereich immens zunehmen und unfassbare Größen annehmen wird“, sagt Bruno Kramm. An diesem Punkt will das Unternehmen mit „infinimesh“ ansetzen.
Laut ihren „Vätern“ soll die Plattform leisten, was andere IoT-Plattformen noch nicht können. Sie heben hervor, dass ihre Plattform als „Open Source“ angelegt ist – nichts ist geheim, den Quelltext kann jeder öffentlich einsehen. Kramm nennt einen weiteren Vorteil: Alle Anwendungen werden konzeptionell in einer Cloud, der „Datenwolke“, entwickelt und können dort auch betrieben werden. „Infinimesh“ soll dazu unendlich skalierbar sein und die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) abdecken. Daten sind sicher vor ungewollten Zugriffen, ein Punkt, den bisherige Platzhirsche – größtenteils amerikanische Anbieter – durch ein neues US-Gesetz künftig nicht mehr garantieren könnten. Die entstehende Lücke möchten die Gründer mit ihrer Plattform füllen – sicher und ohne Limit.
Neue Lösungen anzubieten, heißt für die Unternehmer zudem, anders auf die Branche zu schauen und flexibel zu sein. „Die Abhängigkeit von einzelnen Cloud-Anbietern war gestern, wir wollen, dass man frei wählen kann, um den technologischen Fortschritt nicht zu verpassen.“ Solche modernen Ansätze sollen auch in strukturschwachen Gegenden greifen. „Im ländlichen Raum müssen Daten genauso fließen und nutzbar sein, wie anderswo“, sagt Kramm. „Egal, ob es einen Breitband-Anschluss gibt oder nicht. Gerade mittelständische und kleine Unternehmen brauchen maßgeschneiderte und kostengünstige Angebote.“
Dafür legen sie sich ins Zeug, erklären immer wieder, was das „Internet der Dinge“ bedeutet, was es leisten kann. Sie wollen Hemmschwellen abbauen. Anwendungen, die auf der Plattform entstehen, sollen leicht zu handhaben sein. Auf seinem Laptop zeigt Kramm ein Beispiel: Ein Konzertveranstalter möchte in Zeiten von Pandemie-Einschränkungen nicht mehr per Strichliste ermitteln, ob die zulässige Besucher-Höchstzahl erreicht ist. Die Lösung hat der CEO auf dem Schirm: Ein Sensor kann die Aufgabe übernehmen, zählen, speichern, ein Signal senden, wenn der Raum voll ist. Die von US-Providern unabhängige Plattform bietet vor allem im Bereich Smart Energy, Smart City und Smart Transportation intelligente Lösungen an.
Dass die Gründer von Sachsen-Anhalt aus in die künstliche Moderne aufbrechen, ist kein Zufall. Sie haben ihr Unternehmen in Magdeburg aufgebaut, weil ihnen hier die Möglichkeiten geboten wurden, Visionen umzusetzen. Alles neu zu denken! Ganz im Sinne des Bauhaus-Gedankens.
Dafür bringen die Gründer viel Know-how mit. Geschäftsführer und Chief Technology Officer Alexander Alten-Lorenz hat mehr als 20 Jahre Erfahrungen im Gepäck, die er als Entwickler unter anderem beim US-amerikanischen Software-Hersteller „Cloudera“ oder bei „Google“ und als Digitalisierungsexperte bei „E.ON“ gesammelt hat. CEO Bruno Kramm war 30 Jahre als Geschäftsführer in der Musikbranche unterwegs, hat als Berater im IT-Bereich und in der Politik gearbeitet. Mit im Boot sind Prof. Dr. Marko Sarstedt, Marketingprofessor an der Otto-von-Guericke-Universität, und Rechtsanwältin Alexandra Sarstedt, die für Recht und Personal zuständig ist.
Das Startup haben sie aus der Taufe gehoben, weil die Freunde Kramm und Alten-Lorenz „endlich etwas gemeinsam machen wollten“, wie sich das Duo erinnert. Der Tech-Experte holte ein Konzept aus der Schublade, das aus einer spontanen Idee heraus entstanden war. Das Freunde-Duo war sich sicher: „Das wird funktionieren. Jetzt ist die richtige Zeit dafür.“ Damit überzeugten sie zunächst den Magdeburger Marketingprofessor und seine Frau, die Bruno Kramm zufällig privat kennen und schätzen gelernt hat. Das Gründerteam entwickelte einen Business- und Marketingplan, stellte die Vorteile der Plattform heraus, machte deutlich: Europa braucht eigene sichere Cloud-Systeme. Dieser Ansatz überzeugte Investoren in Sachsen-Anhalt. „Wir sind sehr glücklich, dass wir hier gelandet sind“, sagt Bruno Kramm. „Wie uns hier geholfen wurde, das kenne ich aus keinem anderen Bundesland. Die Wege sind kurz und die Hilfsbereitschaft ist enorm.“ Mitgründer Alexander Alten-Lorenz teilte diese Erfahrungen auf Twitter: „Sachsen-Anhalt bietet bei der Gründung eines Unternehmens ein großes Netzwerk und unendliche Möglichkeiten.“
Diese unendlichen Möglichkeiten will das Gründerteam nun ausschöpfen. Anfang 2020 hat es sein Unternehmen an einem Standort mit viel Fläche eröffnet. „Wir haben Großes vor“, kündigt der Geschäftsführer an. In die frischen Räume einer ehemaligen Schule sollen weitere Firmen einziehen. „Wir möchten innovative Köpfe in unsere Nähe holen“, sagt Bruno Kramm. Zusätzlich sollen sich Forschungseinrichtungen und Institute in direkter Nachbarschaft ansiedeln und so einen Digitalcampus wachsen lassen.
Ins eigene Unternehmen haben sich die Gründer ein junges internationales Team geholt. Dazu gehören handverlesene Programmierer aus aller Welt. Fünf Arbeitsplätze sind im neuen Entwicklungs- und Vertriebsbüro entstanden. Bis 2024 sollen 40 Fachkräfte bei „Infinite Devices“ an der Weiterentwicklung und Vermarktung der IoT-Plattform arbeiten. Bruno Kramm kündigt an: „Wir müssen expandieren, wir haben noch viel vor. Und hier sollen sich Menschen mit ähnlichen Ideen inspirieren“.
Köpfe
Sie sind die Gründer von Infinite Devices: Alexander Alten-Lorenz (CTO), ein renommierter Entwickler u.a. bei Cloudera, Google und E.ON, geboren in Dresden. Prof. Marko Sarstedt, Marketing-Professor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, belegt 2020 im F.A.Z Ranking der einflussreichsten Ökonomen den zweiten Platz im Bereich Forschung. Alexandra Sarstedt, Rechtsanwältin mit Expertisen für die moderne Firmenkultur, Recht und Personal. CEO Bruno Kramm mit 30 Jahren Know-how als Geschäftsführer in der Musikbranche, im Consulting, in der IT sowie Politik-Erfahrungen.
Zitate
- „Sachsen-Anhalt bietet bei der Gründung eines Unternehmens unendliche Möglichkeiten.“
(Alexander Alten-Lorenz)
- „Wir sind heilfroh, dass wir hier gelandet sind.“
(Bruno Kramm)
- „Wie uns hier geholfen wurde, das kenne ich aus keinem anderen Bundesland.“
(Bruno Kramm)
Quelle: Medienagentur Mitteldeutschland, 2020