Pioniere der Batterietechnik
„Was unsere Speicher so außergewöhnlich macht, ist unsere selbst entwickelte Batteriesteuerung“, erklärt Simon Schandert, Mitgründer von Tesvolt. Die weltweit einmalige Technologie sorgt dafür, dass die Batteriezellen immer optimal be- und entladen werden. Sie überwacht die Temperatur, die Spannung und den Ladezustand derart ausgeklügelt, dass die Batteriezellen eine extrem lange Lebensdauer von bis zu 30 Jahren erreichen. Derzeit sind etwa 260 Menschen im Tesvolt-Werk in Wittenberg beschäftigt, doch es sollen bis zu 620 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden. Das Unternehmen investiert 60 Millionen Euro in eine neue Fabrik direkt neben dem derzeitigen Firmensitz. Hier entstehen bis Ende 2025 neue Produktions- und Forschungsstätten, außerdem Hörsäle, eine Bibliothek sowie Fitness- und Massage-Räume. Schandert: „Wir wachsen derzeit bei Tesvolt von Jahr zu Jahr um 100 Prozent.“ Auch im laufenden Jahr sei man auf einem guten Weg, diese Entwicklung fortzuführen.
In Zukunft könnte das Unternehmen gar das Aufladen von E-Autos revolutionieren. Tesvolt ist seit zwei Jahren Anteilseigner beim bayrischen Startup Stercom Power Solutions. Gemeinsam arbeiten die Firmen an hocheffizienten Ladesystemen, mit denen E-Autos, Busse und LKWs kabellos per Induktion geladen werden können – wie man es heute von Smartphones kennt. Mittelfristig soll damit so viel Energie übertragen werden, wie es derzeit nur per Kabel an Schnellladestationen möglich ist. „Damit wäre auch das Laden während der Fahrt zukünftig effizient“, so Tesvolt-Mitgründer Schandert.
Erste Lithiumraffinerie Deutschlands
Eine der entscheidenden Komponenten, die in den Batterien für E-Autos steckt, soll schon bald in Bitterfeld-Wolfen produziert werden: Hier baut die Firma AMG Lithium derzeit Deutschlands erste Lithiumraffinerie. Ab Ende 2023 soll hier Lithiumhydroxid hergestellt werden, das für die Batterieherstellung benötigt wird. Durch begrenzte Lithiumvorkommen in Europa sei die Versorgungssituation angespannt, erklärt Stefan Scherer, Chef von AMG Lithium. „Mit unserem Raffineriekonzept wollen wir dazu beitragen, die Versorgungslücke für Lithium in Europa zu schließen.“
Das nötige Rohmaterial, sogenanntes Spodumenkonzentrat, stellt der AMG-Konzern in einer eigenen Mine in Brasilien her. Im Veredelungsprozess in Bitterfeld-Wolfen werden Verunreinigungen entfernt, um eine hochreine Form von Lithiumhydroxid zu erhalten. Nur die entspricht den Anforderungen der Industrie, insbesondere bei der Batterieherstellung. Andernfalls könnten Verunreinigungen die Leistung und die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Batterien beeinträchtigen.
Produktion wird verfünffacht
AMG Lithium plant zunächst mit einer Jahresproduktion von 20.000 Tonnen Lithiumhydroxid – einem „entscheidenden Beitrag zur lokalen Versorgung der Batterieindustrie Europas“, wie es von AMG Lithium heißt. Der Standort in Bitterfeld-Wolfen sichere „kürzeste Lieferwege“. Und die Raffinerie, die jetzt gebaut wird, ist lediglich die erste von insgesamt fünf geplanten Produktionseinheiten. Am Ende sollen jährlich rund 100,000 Tonnen Lithiumsalze hergestellt werden. Deren Qualität sei auf „die Anforderungen und Spezifikationen für hochleistungsfähige Fahrzeugbatterien ausgelegt“, so Stefan Scherer. Er gehe davon aus, dass die produzierten Mengen vollständig für diesen Zweck verwendet werden. So dürften schon bald viele Elektroautos mit der Batterie-Zutat aus Bitterfeld-Wolfen über die Straßen rollen.
Analyse des Inneren einer Batterie
Wie es um das Innenleben der Elektroauto-Batterien bestellt ist, soll sich künftig mit einem innovativen Verfahren des Startups Denkweit herausfinden lassen. Das junge Unternehmen aus Halle (Saale), im Jahr 2018 aus dem Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen ausgegründet, hat mit B-Tech einen Sensor entwickelt, der elektrische Ströme messen kann. Dabei ist es nicht nötig, beispielsweise eine Batterie zu zerstören, um ihre Bauteile untersuchen zu können. Der B-Tech-Sensor kann die Vorgänge im Inneren eines Testobjekts von außen sichtbar machen.
Das Prinzip, das sich Denkweit bei der Technologie zunutze macht, ist schon seit 200 Jahren bekannt: Wenn Strom durch einen Leiter fließt, erzeugt er ein Magnetfeld. Dessen Muster ist so charakteristisch wie ein Fingerabdruck. Sollte ein Bauteil defekt sein, verändert sich die Stärke oder die Flussrichtung des Stroms – und damit auch das Magnetfeld. Um solche Veränderungen im Magnetfeld sichtbar zu machen, erzeugt der Sensor von Denkweit ein Bild des Magnetfeldes – ähnlich wie bei der Aufnahme einer Wärmebildkamera, auf der die Verteilung von Wärmeenergie zu erkennen ist. Mithilfe von künstlicher Intelligenz prüft das Gerät von Denkweit die Bilder des Magnetfeldes auf Veränderungen und kann dabei Fehler im Stromfluss erkennen.
Kurzschlüsse verhindern
Derzeit verkauft Denkweit seinen Sensor vor allem an Forschungseinrichtungen, hat bereits Kunden in Südkorea, China und Deutschland. Doch es gibt bereits Pläne für den Einsatz in der Industrie. „Unser kurzfristiges Ziel ist es, B-Tech in der Photovoltaik-Industrie zu etablieren. Kunden können unseren Sensor in ihre Produktion integrieren, um die elektrischen Kontakte in Photovoltaik-Anlagen zu prüfen“, erklärt Kai Kaufmann, einer der Geschäftsführer von Denkweit. „In Zukunft kann das Verfahren aber auch auf den Batteriemarkt übertragen werden. Denn bei Batterien lässt sich damit ebenfalls kontrollieren, ob die Qualität elektrischer Kontakte in Ordnung ist.“ So könnten schon im Produktionsprozess fehlerhafte Kontakte erkannt oder sich anbahnende Kurzschlüsse verhindert werden.