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Vorreiter der Bioökonomie

Bioökonomie bedeutet eine nachhaltige Form des Wirtschaftens, die auf biologische Ressourcen setzt. Sachsen-Anhalt verfügt über gute Voraussetzungen, sich als Modellregion der Bioökonomie zu etablieren.

Die Bioökonomie spielt in Sachsen-Anhalt eine wichtige Rolle. Es geht um ungewöhnliche Rohstoffe, moderne Technologien, ziemlich abgefahrene Produkte und scheinbar ganz alltägliche Dinge. Es wird viel geforscht, probiert und schon jede Menge produziert. Mit dabei sind innovative Lebensmittel, und außergewöhnliche Wege zur Gewinnung erneuerbarer Energien. Mit der Bioökonomie wird zugleich
in besonderer Weise der Europäischen Direktive des „Green Deal“ entsprochen. Dabei geht es um den Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft, die bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausstößt. Auf geht es zur Entdeckungsreise Bioökonomie durch Sachsen-Anhalt.


Erdöl und Eiweiß aus Algen

Eine wichtige Zukunftstechnologie bei der Transformation der fossilen zu einer biobasierten Wirtschaft ist die Algenbiotechnologie. Sachsen-Anhalt ist hierbei ein führendes Zentrum in Deutschland. An der Hochschule Anhalt in Köthen forscht Prof. Dr. Carola Griehl an und mit Algen: „Wir wollen künftig einen möglichst großen Teil der immer rarer werdenden fossilen Ressourcen durch Algen als schnell nachwachsende Rohstoffe ersetzen.“ Algen-Produkte können Ernährung, Medizin oder Textilherstellung revolutionieren so die Wissenschaftlerin. Inzwischen gibt es sogar die ersten Turnschuhe aus Algen- Kunststoff.

Als Kooperationspartner züchtet die Firma Roquette im altmärkischen Klötze in speziellen Bio-Reaktoren sogenannte Chlorella-Algen. Daraus werden extrem vitaminreiche Nahrungsergänzungs- und Lebensmittel hergestellt. Die Mikroalgenfarm in der Altmark ist die älteste Europas. Daran angeschlossen ist das Unternehmen Pure Raw, ein mehrfach ausgezeichneter Online-Shop für nachhaltige Lebensmittel, u.a. auf Algen-Basis.

In Dessau-Roßlau baut die britische Firma AlgaeCytes für 55 Millionen Euro die weltweit größte Algen-Bioraffinerie. Hier sollen jährlich bis zu 300 Tonnen Algen gezüchtet werden – als Ausgangsbasis für Omega-3-Fettsäuren, Futtermittel, Medikamente oder Proteine.

Und so funktioniert das Ganze: Algen können mittels Photosynthese deutlich schneller und auf gleicher Fläche bis zu 30 mal mehr Biomasse produzieren als herkömmliche Feldpflanzen wie Raps oder Weizen. Ackerflächen sind weltweit begrenzt. Mikroalgen wachsen in speziellen Bioreaktoren, die auf Brachflächen oder an Hauswänden installiert werden können und nahezu ganzjährig Biomasse liefern. Nebeneffekt: Algen binden weit mehr schädliches Kohlendioxid als herkömmliche Feldkulturen.


Zwischenfrüchte als Wachstums-Turbo

In Gatersleben hat das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) seinen Sitz. Es ist eines der führenden Institute der Pflanzenforschung mit weltweit einmaligen Infrastrukturen. Hier forscht Dr. Diana Heuermann seit sieben Jahren daran, wie sich der Ertrag beim Anbau von Mais erhöhen lässt, gleichzeitig Dünger eingespart und die Böden sowie die CO2-Bilanz verbessert werden können.

„Wir lassen nach der Ernte von vorhergehendem Weizen das Feld nicht brachliegen, sondern pflanzen bis zur nächsten Aussaat im Frühjahr verschiedene Pflanzenarten als Zwischenfrüchte an”, erklärt die Expertin. „Unter diesen finden sich einige Nährstoffspezialisten.“ Senf zum Beispiel wurzelt sehr tief und kann damit Nitrat aus tiefen Bodenschichten aufnehmen und vor der Auswaschung ins Grundwasser bewahren. Alles in allem eine ziemlich komplexe Materie, die die Landwirtschaft erheblich effizienter machen kann.


Wohnhäuser aus Stroh, Holz und Lehm

Ökodorf Sieben Linden bei Beetzendorf in der Altmark. Die Pionierarbeit der Ökodorf-Handwerker und des Architekten Dirk Scharmer hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Stroh bundesweit als Baustoff zugelassen und zum Standard-Bauverfahren weiterentwickelt wurde.

Michael Würfel, Zimmermann und Bauleiter in Sieben Linden: “Stroh besitzt hervorragende Dämmeigenschaften, ist recycelbar und leicht zu bearbeiten, wächst sozusagen überall gleich um die Ecke und bindet CO2.‘‘ Mit einer Lehmschicht umhüllt, ist das mit Baustrohballen ausgefüllte Holzständerwerk ausreichend feuerfest.

Herausragend ist die Energiebilanz eines solchen Hauses schon bei der Erstellung. Bettina Keller, Zimmerin aus dem Ökodorf: „Wir können ein Strohballenhaus 42 Jahre lang beheizen, bis es die Energie verbraucht hat, die ein konventionelles Haus bereits beim Bau durch Einsatz der industriellen Baustoffe Stahl, Beton, Kunststoffe verschlingt.“ In Sieben Linden stehen inzwischen 16 solcher Häuser. Die in reiner Handarbeit erstellte „Villa Strohbunt“ war das erste in Deutschland genehmigte Strohballenhaus.


Kunststoff aus Holz

Leuna, traditioneller Chemiestandort, steht ganz im Zeichen des Wandels. Der Chemiepark gehört zu den größten Baustellen in Deutschland. Verschiedene Unternehmen investieren 1,3 Milliarden Euro in Forschung und grüne Chemie. Im Chemiepark arbeiten mehr als 100 Unternehmen aus zehn Nationen an der chemischen Industrie der Zukunft. Es ist ein besonderer Zukunftsort aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.

Der finnische Konzern UPM baut eine weltweit einzigartige Bioraffinerie, in der erneuerbare Biochemikalien auf Holzbasis produziert werden. Ab 2023 sollen Abfälle aus Sägewerken sowie Reste vom Laubholz-Einschlag in chemische Substanzen verwandelt werden, aus denen sich zum Beispiel Schuhsohlen, Reifen, Verpackungen, Plastikflaschen oder Textilien herstellen lassen. Das Besondere: Die neuen Prozesse kommen ohne fossile Grundstoffe wie Erdöl aus und minimieren den CO2-Ausstoß.


Reifen aus Löwenzahn

Auch die Automobilindustrie setzt zunehmend auf biobasierte Produkte. Grundlagen und Ideen dazu wurden entscheidend in Sachsen-Anhalt mitentwickelt. Unter anderem von den Fraunhofer Instituten für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen und für Werkstoffmechanik in Halle.

Beispiel Bio-Reifen: Diese werden nicht aus Naturkautschuk sondern aus Löwenzahn hergestellt. Aus den Pflanzen, die überall wachsen, wird Polymerkautschuk gewonnen. Daraus hergestellte Autoreifen sind etwa ein Drittel leichter, nutzen sich nicht so schnell ab und sparen Kraftstoff.

Das Fraunhofer Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS) Halle entwickelte eine Möglichkeit, Innenverkleidungen für Autos aus Pflanzenfasern herzustellen. Der Pilot-Pflanzentechnologie e.V in Magdeburg hat ein Verfahren untersucht, solche Innenraumverkleidungen mit pflanzenbasiertem Kleber zu befestigen, statt umweltschädliche lösungsmittelhaltige Klebstoffe zu verwenden. Technologie made in Sachsen-Anhalt macht Autos leichter und umweltschonender.


Vernetzte Landwirtschaft

Vor den Toren Magdeburgs, im Bördedorf Osterweddingen, wachsen Erdbeeren, Gurken, Kräuter auf 630.000 Quadratmetern, das sind etwa neun Fußballfelder, unter Glas. Die riesigen Gewächshäuser sind eines der Herzstücke der Wimex-Gruppe. Das Unternehmen betreibt vernetzte Landwirtschaft. Alles hängt mit allem zusammen. Ein Teil des Getreides vom eigenen Feld dient als Futter für die eigene Hühnerzucht. Gülle vom Geflügel wird Dünger für die Getreidefelder, ein Teil in Biogasanlagen zu Heizenergie, mit denen wiederum die Gewächshäuser erwärmt werden. Die liefern aus den Solarzellen auf ihren Dächern zusätzlich weiteren Strom. Wie auch die Windenergieanlagen, die auf den Feldern stehen. Und dann gibt es natürlich frisches Gemüse, Eier und Zuchtgeflügel.


Grüner Wasserstoff

Grüner Wasserstoff gilt als Energiespeicher der Zukunft und ist ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Sachsen-Anhalt wird gerade zum Testfeld für die Herstellung, Speicherung und den Einsatz von Grünem Wasserstoff ausgebaut. Das sieht die Nationale Wasserstoffstrategie vor. Die gestarteten Großprojekte sind auch für den Strukturwandel im Revier wichtig.

Auch hier spielt der Chemiepark Leuna eine wichtige Rolle: Unter Federführung des Unternehmens Infraleuna wird eine Testanlage gebaut und im sogenannten Reallabor die komplette Wertschöpfungskette praktisch durchgespielt.

Es geht geht um die intelligente Vernetzung von industrieller Herstellung und Bereitstellung des dafür benötigten Stroms aus Windenergie. Viel Wind bedeutet viel Windstrom, viel Windstrom bedeutet viel grüner Wasserstoff. Der soll in riesigen unterirdischen Wasserstoffspeichern in Bad Lauchstädt gespeichert werden - als Reserve für Flaute-Phasen.

In Sachsen-Anhalt hat sich ein breites Netzwerk an Institutionen, Firmen und Forschungseinrichtungen mit Know-how in der Bioökonomie etabliert. Allein im Spitzencluster BioEconomy sind 75 Partner organisiert, darunter Einrichtungen wie das Fraunhofer- Institut für Werkstoffmechanik, das Deutsche Bio-Masseforschungszentrum, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und verschiedene innovative Unternehmen.

„Bioökonomie bedeutet Innovation. Mit der Etablierung von biobasierten Wertschöpfungsketten im industriellen Maßstab beginnen wir die nächste große Innovationswelle“, ist Professor Matthias Zscheile, Geschäftsführer des BioEconomy Clustermanagements, überzeugt.

Die Bioökonomie kann ein Treiber für Wertschöpfung und Innovation sein und vor allem Perspektiven für die vom Strukturwandel betroffenen Regionen aufzeigen. Sachsen-Anhalt verfügt über ausgezeichnete Voraussetzungen, sich als Modellregion der Bioökonomie zu etablieren. Dazu gehören unter anderem eine leistungsfähige Agrar- und Holzwirtschaft sowie die Zuckerindustrie als Lieferanten
nachwachsender Rohstoffe, umfassende wissenschaftliche Kompetenzen sowie erste entstehende Wertschöpfungsketten mit Anbindung an die Standorte der chemischen Industrie.


Idee

Die Bioökonomie nutzt land- und forstwirtschaftlich erzeugte Rohstoffe ebenso wie organische Rohstoffe, Tiere, Mikroorganismen, Insekten oder Algen. Eine naturverträgliche Bioökonomie soll dazu beitragen, den Einsatz fossiler Rohstoffe (Öl, Gas, Kohle) zu begrenzen.

Sachsen-Anhalts Landesmotto: #moderndenken

Modernes Denken ist ein Markenzeichen Sachsen-Anhalts. Hier haben über Jahrhunderte hinweg kluge Köpfe weltverändernde Ideen entwickelt, die ihrer Zeit voraus waren. Sechs Ideen aus dem heutigen Sachsen-Anhalt hat die UNESCO als Erbe der Menschheit anerkannt. Das Bundesland besitzt eine einmalige Dichte von Welterbestätten. Hinzu kommen UNESCO-Modellregionen für Nachhaltigkeit. Die Region bot über Jahrhunderte Freiräume, modern zu denken. Dieser Geist, Neues zu wagen und vorzudenken, wirkt bis heute fort. Das belegen die vielen positiven Beispiele der Kampagne www.moderndenken.de

Im Landesportal, bei Instagram (@moderndenken) und im Magazin #moderndenken stellen wir kleine und große Ideen sowie ihre Protagonisten vor: Menschen, Unternehmen, Vereine, die vordenken, handeln und die Zukunft gestalten.
Die Kampagne