Ferropolis: Geschichte als Spektakel
© Lêmrich Studio, Musikproduktion V.B.Kuehl
Ferropolis: Tanzen zwischen Braunkohlebaggern
Sie heißen Mad Max, Mosquito, Big Wheel, Medusa und Gemini und erinnern an riesige Ungeheuer mit langen Greifarmen, die mitten auf einer Insel im Gremminer See südöstlich von Dessau lauern. Doch Angst muss niemand vor ihnen haben, die fünf Ungetümer sind ganz zahm: Der Schaufelradbagger, die beiden Absetzer, der Eimerkettenbagger sowie der Raupensäulenschwenkbagger beißen nicht, sie sind schon lange in Rente.
Ganz im Gegenteil: Sie begeistern Schulklassen, Heavy Metal-Fans und Feinschmecker, die für ein Fünf-Gänge-Menü extra nach Ferropolis kommen, gleichermaßen. Ferropolis, die Stadt aus Eisen – ein Kulturdenkmal der besonderen Art.
Fünf Großmaschinen, die an Ungeheuer erinnern – und Menschen begeistern
Die fünf Großgeräte waren viele Jahre für den Tagebau Golpa-Nord im Einsatz, um Braunkohle fördern zu können. Rund 100 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr wurden dabei ausgeworfen, gefördert von fast 60.000 Bergleuten – ein enormer Aufwand. 1991 war Schluss mit dem Tagebau. Doch die Frage, was man mit den unglaublichen Maschinen machen soll, blieb. Bis ein paar Bauhaus-Studenten die heutigen Macher auf eine gute Idee brachten: „Die Studenten waren so begeistert von dieser einzigartigen Kulisse und versuchten sogar, auf die Bagger zu klettern“, sagt Janine Scharf, die für Veranstaltungen auf dem Gelände zuständig ist. „Da machte es Klick: Wenn Maschinen Menschen so faszinieren, dann muss man sie für die Nachwelt erhalten.“
Gesagt, getan: Heute ist der still gelegte Industriestandort eine Begegnungsstätte für jung und alt. Seit seiner Einweihung im Jahr 2000 treten nationale und internationale Künstler wie die Toten Hosen, Herbert Grönemeyer oder Metallica in Ferropolis auf. Bis zu 30.000 Besucher feiern auf der Halbinsel auf Hip-Hop- und Elektro-Festivals, stöbern nach besonderen Fundstücken auf Flohmärkten oder lassen sich nachts von einem Feuerwerkspektakel verzaubern. „Ich habe während meines Studiums eine Karte von einem Freund geschenkt bekommen. Kaum war ich auf dem Gelände, habe ich mich sofort in diesen Ort verliebt“, sagt Janine Scharf.
Bis zu 30.000 Besucher feiern heute in Ferropolis mitten im Gremminer See
Unterstützung bekommt der Standort vom Land Sachsen-Anhalt. Es ist wichtig zu zeigen, wie schwer die Arbeit der Bergleute damals war und welche Dimensionen das Ganze hatte. Zugleich ist es auch eine Warnung über den richtigen Umgang mit kostbarem Land. „Überall dort, wo heute Wasser ist, wurde Braunkohle ausgeworfen. Und das Dorf, das dort mal lag, wurde überbaggert. Deswegen ist Ferropolis auch ein Mahnmal, wie sensibel man mit den Menschen, der Natur und den Rohstoffen umgehen sollte“, sagt Janine Scharf.
In Ferropolis verbindet man nicht nur die Vergangenheit mit der Gegenwart, sondern wirft den Blick auch in die Zukunft. So hat es sich Geschäftsführer Thies Schröder zum Ziel gesetzt, die Wirtschaft in der Region zum Einsatz von erneuerbaren Energien zu begeistern. So wird Geschichte gemacht, schon heute.